Rauschefahrt - in nur sechs Tagen segeln wir von Panama nach Galapagos
Zusammen mit Johannas Schwester Julia und ihrem Freund Heiko haben wir die San Blas Inseln besucht. Jetzt sind wir in der Shelter Bay Marina, die in Colon, kurz vor dem Eingang zum Panama Kanal auf der Atlantik Seite liegt. Wir wollen mit beiden durch den Kanal fahren, was unseren Zeitplan sehr eng macht. Heiko fliegt schon bald ab Panama nach Berlin und Julia fliegt ab Galapagos, was durch die geschätzte Fahrzeit von 10 Tagen auf die Inseln den zeitlichen Rahmen vorgibt.
Der Transit durch den Kanal lässt sich überraschend gut auch ohne Agenten organisieren. Der Vermesser kommt schnell auf unser Boot. Danach zahlen wir das Geld in Colon ein und können noch am gleichen Tag telefonisch das Datum für die Kanalpassage erfragen. Es ist leider einen Tag später als unser Wunschdatum. Die Stimme am Telefon lässt sich auch durch den Kinderbonus nicht erweichen. Wir verfehlen Heikos Abflugdatum um einen Tag! Sehr schade, so ist es doch ein so großartiges Erlebnis. Fast parallel neben uns wird Heiko im Auto zum Flughafen fahren.
Da wir vier Personen neben der Steuerfrau als sog. Linehandler zwingend brauchen, organisiert uns Tito neben den Fender-Autoreifen und extra langen Leinen noch zwei Männer, die mit die Leinen auf der Fahrt bedienen werden. Tito ist ein ehemaliger Taxifahrer in Panama, der alles für die Segler rund um den Kanal Transit organisiert. Er spricht gutes Englisch und bis zur Pazifik Seite klappt alles sehr gut.
Da Panama der letzte günstige Ort mit großer Auswahl zum Einkaufen für mehrere Monate ist, laden wir unser Schiff mit Essen und Wasser randvoll. Erschrocken stellen wir fest, dass unsere Wasserlinie deutlich gesunken ist. Unser Auspuff ist jetzt sogar unter Wasser! Zweifel machen sich breit, ob wir die von der Kanalbehörde geforderte Mindestgeschwindigkeit von 5 Knoten so beladen schaffen werden. Uns bleibt aber gar keine Zeit zum Nachdenken, der Tag der Abfahrt ist da.
Voll beladen mit Titos beiden Linehandlern geht es in die Ankerzone kurz vorm Kanal. Heiko winkt uns noch vom Steg zu, bevor er sich auf den Weg zum Flughafen macht. Unglaublich um wieviel wenige Stunden wir den Zeitplan verfehlt haben. Der Anker fällt vor den Toren Colons und wir warten auf den Adviser der Kanalbehörde, der mit uns durch die Gatun Schleuse fahren wird. Levi ist hoch erfreut über zwei neue Spielkameraden an Bord. Er präsentiert seine Bücher und Autos den Mitfahrern für die nächsten zwei Tage. Eine Sprachbarriere gibt es hier nicht. Seine neuen Freunde lesen munter die Bücher mit ihm während der Kanalfahrt.
Bald kommt das Boot und bringt den Adviser zu uns. Er begrüßt uns mit einem fröhlichen „guten Tag“ und sofort geht es los zur Gatun Schleuse. Kurz vor der Schleuse werden wir mit einem anderen Boot zusammengeschnürt und hinter einem Containerschiff geht es bei Dunkelheit in die Schleuse. Durch diese Formation sind bei uns zwei Personen „arbeitslos“, da nur zwei Leinen bedient werden müssen. Dies erledigen souverän die beiden Männer aus Panama.
Die Tore schließen sich hinter uns und das Wasser strömt ein. Wir sind nervös, besonders ob unsere Klampen der außergewöhnlichen Belastung standhalten und fasziniert. Es ist ein schwer zu beschreibendes Erlebnis mit dem kleinen Boot durch diese Schleusen zu fahren. Der Blick nach hinten viele Meter hochgehoben über Schleusentore bleibt lange in Erinnerung. Bis wir den Platz im Gatun See für die Nacht erreichen bleibt viel Zeit, um sich mit dem Adviser zu unterhalten. Er arbeitet seit 27 Jahren für den Kanal, so wie sein Vater auch, und kennt viele Geschichten, die er gerne erzählt. Außerdem hat er auch mal als Missionar gearbeitet und war mit einem Schiff in Deutschland. In manchen Gesprächen möchte er uns anscheinend auch missionieren. Julia wird nach ihrer Meinung zu „Gay Marriage“ gefragt. Oha, geschickt umschifft sie auch diese Hürde bei der Fahrt durch den Panama Kanal. Es wird Zeit für einen neuen Adviser, der am nächsten Morgen auf unser Boot im Gatun See kommt. Die Fahrt durch die weiteren Schleusen bis in den Pazifik verläuft problemlos und ist weiter einfach ein tolles Erlebnis, was wir sehr genießen. Dann ist es soweit. Die letzten Tore öffnen sich und wir sind im Pazifik. Wie geplant gehen unsere beiden Mitfahrer von Bord und der Anker fällt im Pazifik. Zeit für einen Anleger mit gutem Panama Rum!
Morgen soll es nach Galapagos weiter gehen. Tito will die Ausreisepapiere vorbei bringen und los soll es gehen. Leider gibt es ein paar Probleme mit den Behörden und es zieht sich über mehrere Tage bis wir wenigstens einen Teil der nötigen Unterlagen haben. Jetzt fehlt nur noch der Ausreisestempel im Pass. Hier tun sich die meisten Probleme auf. Seltsame Dinge von Visa, die wir gar nicht brauchen, werden in kaum zu verstehendem Spanisch erzählt. Wir sind ratlos. Auf Titos Rat hin, gehen wir zu einem Immigration Office im Yacht Club. Hier sollen 20$ noch den kurzen Dienstweg ermöglichen… . Ich gehe in das kleine, schäbige Büro mit dem Unterlagen und 20$ in einem Pass. Nervös bin ich, auf diese Art habe ich noch nie versucht einen Stempel zu kommen. Besonders in einem fremden Land, wo ich die Sprache kaum verstehe. Der Beamte blättert gelangweilt die Sachen durch und sein Interesse mir die Stempel zu geben ist gering. Wieder fällt das Wort Visa. Dann entdeckt er den Pass mit dem Geld. Er fragt mich was das ist. Jetzt rutscht mir das Herz ganz in die Hose. Das spanische Wort für „Verwaltungsgebühr“ kenne ich nicht, also fällt mir nichts besseres ein, als „Moneten“ zu sagen. Dabei schaue ich desinteressiert aus dem Fenster. Was jetzt wohl passiert? Festnahme wegen Beamtenbestechung? Die Stimmung ändert sich auf einmal schlagartig. Die Schublade mit den Stempeln öffnet sich, und der jetzt freundliche Mann stempelt die Pässe in Windeseile ab. So geht das also! Jetzt kann es nach Galapagos gehen.
Die knapp 1000 Seemeilen Richtung Westen sind berüchtigt für die unsteten Winde und schwierigen Segelbedingungen. Wir rechnen mit sechs bis zehn Tagen für die Überfahrt. Tatsächlich ist alles dabei. Wind fast von vorne, Seitenwind, Rückenwind und Flaute. Trotzdem kommen wir sehr gut voran und unsere Bordroutine zwischen uns drei Erwachsenen klappt prima. Und wir sind schnell unterwegs. Nach sechs Tagen Ankern wir vor der Insel Santa Cruz der Galapagos Gruppe. Lange haben wir überlegt, welche der möglichen Inseln wir „wählen“. Eine Auflage ist es, dass man nur vor einer Inseln ankern darf und dann nicht mehr „wechselt“. Santa Cruz scheint uns die beste Option zu sein, da Julias Flug nach Deutschland von hier geht und die Einkaufsmöglichkeiten am besten sein sollen. Dafür soll der Ankerplatz voll und der Ort schon relativ groß sein. Wir sind aber positiv überrascht. Die Anzahl der Boote ist sehr überschaubar und der Ort wirkt auf uns immer noch sehr angenehm. Hier verbringen wir gerne die nächsten 20 Tage als Basis für unsere Erkundungen!
Die Einreiseformalitäten laufen auch problemlos. Es wird nur etwas eng an Bord, da eine ganze Delegation von 9 Personen zu uns kommt. Der Zoll, die Quarantänebehörde, der Einreisebeamte, unser Agent und ein Taucher kommen alle gleichzeitig. Der Taucher kontrolliert das Boot von unten, ob wir auch keine fremden Organismen einschleppen. Aber wir sind „sauber“. Fast herzlich bekommen wir unsere Stempel. Da hat auch Levis Anwesenheit einen großen Anteil dran.
Die ersten Tage erkunden wir die grandiose Tierwelt von Galapagos zusammen mit Julia. Dann ist der Tag der Abreise gekommen. Nach vielen Wochen gemeinsam auf dem Boot verabschieden wir sie nach Deutschland. Eine tolle Zeit geht zu Ende.
Fahrt durch den Panamakanal und Galapagos
San Blas Inseln Panama
Kurz nach unserer "Wasserung" kommen auch schon Johannas Schwester Julia und Ihr Freund Heiko vorbei, um uns zu helfen und Urlaub zu machen. Das geht prima auf den San Blas Inseln, die wir wieder besuchen.
Der Wetterbericht sagt fast Flaute voraus und so kommt es dann auch. Fast eine komplette Tagesfahrt unter Motor wird unsere erste Segeletappe nach 10 Monaten. Trotzdem geht es nicht ohne Seekrankheit gegen fruehen Abend vor Anker. Als ersten Stopp haben wir uns eine San Blas Insel Kette weit vom Festland enfernt ausgesucht. Wenn auch etwas viele Boote vor Anker liegen, so ist die Schoenheit der Inseln und der Unterwasserwelt faszinierend. Den Abend verbringen wir mit selbst gefangenem Thunfisch und Sundowner. Dafuer haben sich die Strapazen gelohnt.
Levi hat viel Spass und wird gross. Die Windeln verschwinden immer mehr, die Bordtoilette wird jetzt auch von ihm benutzt. Das warme Wetter macht es einfacher... . Nach einiger Zeit fahren wir weiter zu den sog. "Hollandes Cayes". Wir liegen alleine vor Anker, im Vorgarten der Kuna Indianer. Das Schnorcheln ist einfach toll - ein Hai, Rochen und relativ viele Korallen. Dann kommt Freitag der 13te. Heiko springt wie jeden morgen ins Meer. Er schwimmt die 50 Meter bis an den Strand und ruft ploetzlich um Hilfe. Er hat Schmerzen und muss schnell mit dem Beiboot abgeholt werden. Beim Sprung ins Wasser ist er von giftigen Feuerquallen oder Koralleneiern verletzt worden. Zurueck an Bord hat er starke Schmerzen und Verbrennungen am Arm. Wir machen uns immer groessere Sorgen, da sich sein Zustand verschlechtert. Schuettelfrost, Panik, Uebelkeit und starke Roetung fast am ganzen Koerper. Das erste mal nutzen wir das Satellitentelefon, um die medizinische Notfallhotline in Deutschland anzurufen. Das Ergebnis ist unbefriedigend, am besten sollen wir in ein Krankenhaus fahren. Das ist nicht ganz so einfach. Wir behandeln den allergischen Schock aus unserer Bordapotheke. Dann treffen wir die Entscheidung auf die nur wenige Stunden entfernte Insel Nargana zu fahren.
Dort gibt es eine einfache Apotheke und einen Arzt. Es ist die schnellste Option auf etwas Hilfe und zur Not ist ein Transport nach Panama Stadt von dort moeglich. Schnell ist das Boot klar und der Anker geht hoch. Schon waehrend der Fahrt verbessert sich Heikos Zustand, so dass wir uns etwas entspannen. Auch der Arzt gibt Entwarnung. Was fuer ein Tag!
Nargana hat fuer San Blas Verhaeltnisse sehr gute Einkaufmoeglichkeiten. Wir nutzen den ungeplanten Stopp, um frische Sachen zu besorgen. Mehr haelt uns auch nicht dort. So entscheiden wir, trotz relativ starkem Wind, zu einer anderen Insel zu fahren. Schwierige Ankermanoever und Navigation durch das Wetter lassen die wenige Stunden kurze Fahrt aufregend werden. Dann liegen wir vor dem sehr schoenen Green Island und geniessen die Tage. Parallel reparieren und optimieren wir weiter. Die Zeit fuer die Abreise aus San Blas ist gekommen. Mit viel Wehmut verlassen wir die Inselwelt. Irgendwie war viel zu wenig Zeit. San Blas ist einer unserer Lieblingsplaetze. Es gibt zwar inzwischen schon viele Segelboote hier, die Indianier sind "geschaeftstuechtig" geworden und verkaufen (sehr zurueckhaltend) ihre Kunst an die Besucher. Trotzdem ist die Faszination immer noch gross. Die Natur ist ueberwaeltigend schoen, die einsamen Plaetze gibt es noch. Der besondere Reiz ist es aber zu Gast bei den Kuna zu sein. Man ankert quasi in ihrem Vorgarten und erlebt hautnah ihren Lebensstil. Deshalb akzeptiert man gerne, dass sie an ihren Besuchern auch mitverdienen wollen. Das ist der Grund warum wir reisen! Wir kommen bestimmt nochmal wieder!
Endlich sehen wir unsere "rund360" wieder. Nach 10 Monaten im Regenwald von Panama sind wir sehr gespannt wie sie sich präsentiert. Vor der Ankunft in der Panamarina wo sie steht, holen wir unser neues Seakajak und die anderen aus den USA importierten Ersatzteile mit unserem emieteten Kleinbus ab. Die Wette gegen den Teileimporteur, der behauptet hat, dass das Kajak viel zu gross ist, gewinnen wir knapp. Vollbepackt kommen wir an und nehmen unser Boot in Augenschein. Wir sind entsetzt! Das Deck ist in einem fast gammeligen Zustand. Auch Innen hat die Luftfeuchtigkeit voll zugeschlagen. Unser Zeitplan mit Ruderreparatur und weiteren Verbesserungen ist über den Haufen geworfen. Wir verbringen viele Tage nur mit Putzen und Chlorreinigungen. "Nebenebei" reparieren wir das Ruder provisorisch, setzen einen neuen Bordduchlass und bauen weitere Sachen ein. Wir wollen so schnell wie möglich ins Wasser... .
Levi stört die ganze Arbeit wenig. Er geniesst Panama schon in vollen Zügen. Krebse anlocken, Affen auf Bäumen suchen oder mit den Bedienungen des kleinen Restaurants flirten machen ihn glücklich. Jetzt geht es aber endlich ins Wasser! Und wieder lässt die Luftfeuchtigkeit uns zittern: Der Motor steht fest! Alle helfen in der Marina mit, um ihn mit Stromstoessen wieder zu beleben! Dann sind wir im Wasser!
Bootsarbeiten in Panama
Wir sind wieder in Panama, und die ersten zwei Tage liegen hinter uns. Der Flug war anstrengend, aber auch einfacher als erwartet. Keine Probleme beim Umstieg in den USA, keine Probleme vier Koffer, Kindersitz und Kraxe aufzugeben. Und auch keine Probleme beim Zoll trotz der unglaublichen Anzahl von Ersatzteilen... .
Den ersten Tag erholen wir uns in einem schoenen Hotel direkt am Flughafen. Wir geniessen den Pool und versuchen, besonders Levi den Jet-Lag so angenehm wie moeglich zu machen. Das gelingt auch gut.
Jetzt sind wir in ein Hotel direkt neben unseren "Teileimporteur" gezogen, um morgen hoffentlich das Seakajak, Beiboot und vieles mehr in unseren gemieteten Bus zu laden. Unsere Unterkunft liegt an der Ausfahrt des Panamakanals. Wir merken, wir sind zurueck im Seglerleben, was wir schon etwas vergessen hatten. Die Aufregung steigt bei uns, wie wir die ganzen Boote sehen, die gerade die Passage durch den Kanal hinter sich haben. Morgen werden wir unsere rund360 wieder sehen. Wir sind gespannt, wie sie die letzten 9 Monate ueberstanden hat!